Deutschland

Berlin-Wedding, Urnenfriedhof Gerichtstraße

Auf dem heutigen Standort des Urnenfriedhof Gerichtstraße wurde 1828 der erste städtische Friedhof Berlins angelegt; schon 1831 musste er erweitert werden. 1879 wurde dieser Friedhof wegen Vollbelegung geschlossen und ab 1903 wurde ein Teil des ursprünglichen Friedhofs in einen Park umgewandelt. Kurz nach der Erlaubnis zur Feuerbestattung in Preußen 1911 wurde 1912 hier das erste Krematorium Berlins eingeweiht, mit einer Urnenhallte im neoklassizistischen Stil; im selben Jahr wurde der Friedhof umgestaltet. Nach einer großen Modernisierung und Erweiterung zwischen 1998 und 2000 trotz bekannter Überkapazitäten wurde das Krematorium im Folgejahr von der Stadt Berlin geschlossen. Der neue Betreiber ist das silent green Kulturquartier; seit 2015 finden dort Kulturveranstaltungen statt. Auf dem Friedhof befinden sich mehrere Ehrengräber des Landes Berlin: - Emanuel Mendel (1839-1907), Neurologe, Psychiater und Politiker - Emil Meyer (1897-1985), Politiker und Stadtältester - Siegfried Ochs (1858-1929), Chorleiter und Komponist („Dank sei Dir, Herr“) - Hugo Preuß (1860-1925), Politiker, Mitgründer der DDP, erarbeitete die Weimarer Reichsverfassung - Max Sievers (1887-1944), Freidenker und NS-Widerstandskämpfer - Louis Toaillon (1862-1919), Bildhauer und Medailleur (z.B. Statue Robert Kochs vor der Charité) - August von Wassermann (1866-1925), Immunologe und Bakteriologe Ebenso findet sich hier das 1916 errichtete neoklassizistische Grabmal der Bankiersfamilie Gutmann; Eugen Gutmann (1840-1925) war für die Gründung der Dresdner Bank 1872 von entscheidender Bedeutung. Bemerkenswert ist auch das Grabmal für Carl und Johanna Borchert aus dem Jahr 1915 aus vier dorischen Säulen, in deren Mitte sich auf einer Stele eine Urne befindet. Das Krematorium und der Friedhof stehen unter Denkmalschutz. Auf dem Friedhof befand sich einst eine Kriegsgräberanlage, deren Gräber jedoch auf den Friedhof am Plötzensee umgebettet wurden. Heute befindet sich auf dem Urnenfriedhof Gerichtstraße noch ein Kriegsopfergrab. (Martin Bayer, 24.06.2020)