Deutschland

Berlin-Reinickendorf, Friedhof Reinickendorf II

Gesamtbelegung: 1.451 Tote

Gesamtbelegung: 1.451 Tote


1886 begann die Reinickendorfer Gemeinde, einen zweiten Friedhof anzulegen, da der 1870 eröffnete Friedhof Reinickendorf bereits zu klein wurde. 1890 wurde dieser neue Gemeindefriedhof eröffnet. Die denkmalgeschützte Feierhalle von Carl Moritz stammt aus dem Jahr 1897. Nach zwei Erweiterungen in den 1920er und 1960er Jahren ist der Friedhof heute mit ca. 15,5 ha der flächenmäßig größte landeseigene Friedhof Reinickendorfs. Der Friedhof Reinickendorf I wurde ab 1975 in eine reine Kriegsgräberstätte umgewandelt; 2003 erfolgte die letzte Verlegung. Seit der Entwidmung des Friedhofs Reinickendorf I wird der Friedhof Reinickendorf II auch als landeseigener Friedhof Reinickendorf (ohne Nummerierung) bezeichnet. 1873 starb Arthur Strousberg mit 23 Jahren an Schwindsucht, der Sohn des „Eisenbahnkönigs“ und Spekulanten Bethel Henry Strousberg. Letzterer ließ seinen Sohn im Familien-Mausoleum auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Schöneberg beisetzen und beauftragte Reinhold Begas, ein Grabmal zu erstellen. Bei der Fertigstellung des Grabmals 1874 war die Finanzlage von Strousberg so angespannt, dass er den Künstler nicht mehr bezahlen konnte und selbst das Mausoleum zeitweise verpfänden musste. Strousberg sollte sich nie mehr finanziell erholen und starb 1884; seine repräsentative Villa in der Wilhelmstraße wurde zur Britischen Botschaft – an jener Stelle ist seit 1998 der Neubau der Britischen Botschaft von Sir Sebastian Wood zu finden. Begas fertigte hingegen auf eigene Kosten einen Bronzeguss des Grabmals an und erhielt dafür auf der Weltausstellung 1900 in Paris einen Grand Prix. Nach dem Tod des Künstlers 1911 erwarb die Stadt Berlin 1913 die Arbeit aus dem Nachlass und ließ es in der Nähe der Kapelle des Friedhofs Reinickendorf II aufstellen. 1928 errichtete Richard Ermisch eine seitlich offene Pfeilerhalle zum Schutz des Werkes, das heute als Mahnmal für die Opfer des Krieges fungiert. Diverse Persönlichkeiten wurden auf dem Friedhof Reinickendorf II bestattet: - Otto Beyer (1885-1962), expressionistischer, von den Nationalsozialisten verfemter Maler - Klaus Brueske (1938-1962), Todesopfer an der Berliner Mauer - Fritz Hausberg (1880-1959), Politiker und Stadtältester (Ehrengrab) - Meta Omanowsky (1902-1984), Politikerin und Stadtälteste (Ehrengrab) - Hermann Schulz (1890-1942), Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus - Olga Segler (1881-1961), eines der ersten und wohl das älteste Todesopfer an der Berliner Mauer Auf dem Friedhof wurden 15 Opfer des Ersten Weltkriegs und mehr als 1.400 Opfer des Zweiten Weltkriegs bestattet; dazu dienten auch zwei Sammelgräber mit einer Fläche von 230 m². (Martin Bayer, 23.04.2020)