Deutschland

Berlin-Neukölln, Friedhof Lilienthalstraße (Neuer Standortfriedhof)

In den Jahren 1938 bis 1941 wurde im Süden Berlins der Neue Standortfriedhof Lilienthalstraße als Begräbnisplatz für Soldaten errichtet. Für die Planung und Durchführung war das Heeresbauamt verantwortlich, Architekt der Feierhalle war Wilhelm Büning, der im Berlin der wilhelminischen Zeit zahlreiche Villen errichten ließ und neben Otto Rudolf Salvisberg, Bruno Ahrends und dem Gartenarchitekten Ludwig Lesser auch Architekt der »Weißen Stadt« in Berlin-Reinickendorf (1929-1931) war. Klaus Konrad Weber beschreibt die architektonische Idee Bünings 1981 in »Berlin und seine Bauten« folgendermaßen: Durch ein wuchtiges, dennoch feingliedriges Tor soll der Trauerzug den Bereich der Welt und des Lebens verlassen, über wenige Stufen aufwärts steigen zu der aus Quadern errichteten, monumental aufgefassten Feierhalle, dem Tempel des Vaterlandes;, dessen Inneres wird von oben belichtet, ist damit von dem umgebenden Alltag abgeschlossen, empfängt sein Licht aus höheren Regionen, öffnet sich gleichsam zum Geistesreich. Die Gesamtanlage ist streng symmetrisch geordnet. Das Blockhafte der Außenarchitektur wie auch das unübertreffbar Einfache (aber nicht Nüchterne) des Innenraumes stimmen sowohl zu den baukünstlerischen Ansichten der Frühromantik als sie auch an die vorangegangene Phase in Bünings Schaffen anknüpfen, wenn auch unter erheblich geänderten Bedingungen. Ein sogenannter Nazibau, der eigentlich keiner ist, oder, wenn man will, der einzige künstlerisch nicht misslungene. Am 10. Mai 1940 fand die Einweihung des neuen Standortfriedhofs durch den Evangelischen Feldbischof der Wehrmacht statt. Innerhalb des Friedhofs befindet sich ein Ehrenfriedhof, auf dem am selben Tag die Beisetzung des bereits in Königsberg mit militärischen Ehren bestatteten und anschließend nach Berlin überführten Hauptmanns und Staffelkapitäns Fritz Schleif (1910-1939) vollzogen wurde. Überführung, Beisetzung und Grabpflege der Gräber von Kriegstoten wurden von der Wehrmacht übernommen und waren zunächst kostenlos. Bis Juli 1940 wurden etwa 35 Angehörige der Wehrmacht auf dem Standortfriedhof Lilienthalstraße bestattet. Doch ab April 1941 waren auch Bestattungen der Wehrmacht kostenpflichtig und mit Fortschreiten des Krieges wurden immer mehr Zivilisten und Bombenopfer, die an der »Heimatfront« verstorben waren, auf dem Friedhof Lilienthalstraße bestattet, der somit nicht mehr - wie ursprünglich geplant - zentraler Berliner Kriegerehrenhof war. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen im Oktober 1950 Vertreter des in Berlin am 22. September 1949 wieder gegründeten Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und Mitarbeiter der Abteilung Gartenbau und Grünflächen zusammen und wählten den Standortfriedhof Lilienthalstraße, neben anderen, als Schwerpunktanlage für Kriegsgräber in Berlin aus. Heute ruhen auf dem Friedhof 4.935 Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Einzelgräbern und weitere nicht gezählte Kriegstote in drei Sammelgräbern, deren Fläche heute 1.432 m² ausmachen. In der Krypta befindet sich seit 2004 die Skulptur "Sorgende Frau" von Fritz Cremer (1906-1993), der unter anderem auch das Denkmal "O Deutschland, bleiche Mutter" für das KZ Mauthausen schuf. Am Vorabend des Volkstrauertages findet hier eine Gedenkfeier mit Kranzniederlegungen, ausgerichtet vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., statt. Seit Mitte der 1990er Jahre wird diese Gedenkfeier protokollarisch von der Bundeswehr umrahmt und hat heute den Charakter einer internationalen Gedenkfeier mit Militärattachés und Vertretern ausländischer Botschaften. Quelle: Ingolf Wernicke aus "Berliner Friedhofsspaziergänge"