Deutschland

Berlin-Kreuzberg, Jerusalems- und Neue Kirchengemeinde Friedhof IV

Der Friedhof IV der Gemeinde Jerusalems- und Neue Kirche wurde am 2. Juni 1852 als letzter der vier Friedhöfe an der heutigen Bergmannstraße in Kreuzberg eingeweiht; an seiner westlichen Grenze befindet sich seit 1844 der Friedrichswerdersche Friedhof II, an der östlichen seit 1831 der (Alte) Luisenstädtische Friedhof. Die vier Friedhöfe gelten als artenreichste Grünfläche Berlins mit einer besonders hohen Brutvogeldichte. Der 3,1 ha große Friedhof ist der vierte der einstigen Jerusalemsgemeinde; die ersten drei befanden sich im Komplex der sechs Friedhöfe vor dem Halleschen Tor. Schon 1484 fand die Jerusalemskirche als „Capelle Hierusalem“ erstmals schriftliche Erwähnung. 1725-1731 wurde ein Neubau der nun auch „Friedrichstädtische“ genannten Kirche nach Entwürfen von Philipp Gerlach errichtet. 1838 erhielt die Kirche eine von Karl Friedrich Schinkel entworfene schlanke Turmspitze, mit einem letzten Umbau der mit 1.366 Sitzplätzen groß dimensionierten Kirche 1878-1879. Aufgrund der Veränderung des Stadtbildes um 1900 verlor die Gemeinde immer mehr Mitglieder und wurde mit der Gemeinde der Neuen Kirche zusammengelegt. Am 3. Februar 1945 wurde die Kirche fast vollständig bei einem Luftangriff zerstört; 1961 wurde die Ruine gesprengt. Auf einem Teil des ursprünglichen Grundstücks befindet sich seit 1966 das Axel-Springer-Haus. Auf der Rudi-Dutschke-Straße ist der Grundriss der einstigen Jerusalemskirche zur Erinnerung mit einer doppelten Reihe roter Steine vermerkt. Ein Kirchneubau entstand 1968 an der Linden- und Markgrafenstraße. Einige geborgene Trümmersteine der alten Kirche sind an der Fassade der neuen angebracht. Nach der Zusammenlegung der Gemeinde 2001 wurde die Kirche 2007 in einen Veranstaltungsort umgewidmet. Auf dem Friedhof befinden sich Grabstellen diverser Persönlichkeiten: - Carl Aschinger (1855-1909), gründete mit seinem Bruder August 1892 das „Aschinger“, das bald zum größten Gastronomiebetrieb Europas wurde - Maximilian Fretter-Pico (1892-1984), Offizier im Ersten Weltkrieg und General der Artillerie im Zweiten Weltkrieg - Hermann von der Hude (1830-1908), Architekt des Historismus (u.a. Mitarbeit am Berliner Dom und der Kunsthalle Hamburg) - Franz Jaffé (1855-1937), Maler, Dekorateur und Filmarchitekt - Max Krause (1838-1913), Papierfabrikant - Rikard Nordraak (1842-1866), norwegischer Komponist (u.a. der norwegischen Nationalhymne); 1925 wurden seine Gebeine nach Oslo auf den norwegischen Nationalfriedhof verlegt (die 1906 umgestaltete Grabstätte in Berlin blieb erhalten) - Arthur Rohmer (1830-1898), Architekt von Brauereikomplexen - Fritz Schaper (1841-1919), Bildhauer u.a. des Giebels auf dem Reichstagsgebäude und zahlreicher Standbilder in ganz Deutschland (Ehrengrab) - Kurd von Schlözer (1822-1894), Diplomat und Schriftsteller (Ehrengrab) - Werner Schroeter (1945-2010), Film-, Theater- und Opernregisseur - Max Weber sen. (1836-1897), Jurist, nationalliberaler Politiker und Vater des Soziologen Max Weber Daneben finden sich weitere künstlerisch bedeutsame Mausoleen und Grabmale, wie die Bronzeskulptur des schlafenden Chronos von Hans Latt am Grabmal des Kaufmanns Georg Wolff (1856-1904) oder die Jugendstilskulptur am Grab von Margot Leonhardt (1886-1904). Auf dem Friedhof IV der Gemeinde Jerusalems- und Neue Kirche befinden sich 123 Einzelgräber mit Opfern des Zweiten Weltkrieges, vor allem zivile Tote. (Martin Bayer, 16.04.2020)